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Nicole Kasten
Der Film
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Da stand sie und da sah sie sie an und sie, die andere, sah zurück und fand nichts in ihren Blicken. Das mußte es sein, redete sie sich ein, ging die Stufen, mit jeder einen Gedankenschritt weiter, jede Stufe ein Schritt der Enttäuschung. Und sie, die andere, sie ging den gleichen Weg, doch der konnte nicht wirklich der selbe sein. |
So ist der Film. Seiner Suche nicht mal bewußt, findet man jemanden, man glaubt, jemanden gefunden zu haben, den es sich zu finden lohnte. Freudentränen wünscht man sich zu weinen, doch man kann nicht, denn zu leer ist man dafür und so bleiben sie weg, diese Tränen, obwohl sie dagewesen wären. Und was hätte man ihr gern alles gesagt, alles das, was zu sagen war und wenn das auch nicht viel an sich gewesen wäre, dann hätte man es ihr doch gesagt, doch dann, wenn man sich des Ungesagten bewußt, vergißt man es zu sagen und es bleibt zurück im Inneren, wo außer dem nicht viel ist. |
So ist der Film. Enttäuschung ist das Wort dafür oder die überschrift. Sie sagt alles und doch nichts. Und da fragt man sich, ob alles überhaupt da war, ob es existierte oder doch wiedermal nur Wunsch – wessen Wunsch? Auch ihrer – denn so sah es aus. |
Jetzt ist man wieder da, wo man vorher war. Jetzt ist man wieder allein, unverstanden, jenseits der Augen, die einst so fremd und dann, einen Moment später so nah, so daß man meinte, sich gefunden zu haben – in diesen Augen, in diesen Gesprächen, bis man voneinander ging, bis man sagte: «Bis bald, Fremde», und man glaubte, an dieses Bis bald. Kann das die Lüge gewesen sein? Kann die Lüge so süß gewesen sein, daß nur Bitteres zurückbleibt, ein Nicht-Wissen-Weiter-und-Wohin? Kann das alles so sein? Und wieder die Suche nach Antworten, Antworten, die nur eine geben kann, die, die jetzt wieder so weit entfernt, obwohl sie noch da. Denn da war sie wieder und da standen sie und da sahen sie sich wieder an, doch sie waren zu weit weg. Und die Augen, die sonst sprachen, blieben leer und dann wieder die Stufen, die zu gehen waren. Und sie, die enttäuscht, trauert dem hinterher, was nie war und das tat sie immer und doch nie so sehr zuvor, wie in diesem Moment. |
Und die Bahn, die sie nach Hause bringen soll, woimmer das auch ist, ist voll von Augen, die ihren gleichen. Und da schaut sie wieder und da sucht sie sie, ihre Augen und da findet sie nichts. Dann gibt sie es auf, schaut nach draußen, schaut in Gedanken alle gegangenen Stufen wieder hinauf, kommt oben an und ist alleine da, mit einer Leere, die es zu finden galt, denn nicht mehr hatte sie erwartet. |
Und zu Hause liegt dann wieder das Telefon vor ihr – nur so, sagt sie sich, redet sie sich ein und wenn es dann klingelt und egal wer, doch immer der Falsche, spricht, spricht ihre Enttäuschung in Worten. Danach wieder Leere. |
Auf dem Bett liegen, dazu Musik, im Dunkeln, sterben spielen und doch nie ganz dabei sterben. Da sein, obwohl man nicht mehr will, existieren, sein, was man nie sein wollte – das ist das Leben. Träume wurden totgeträumt, Wünsche brachten andere, immer mehr mit sich und der Anfang dieser Kette ist man selbst, wieder allein mit seinen ängsten. Das ist der Film. Er ist traurig, vielleicht auch unbedeutend traurig. Wer weiß das schon. Niemand hat ihn gesehen, niemand wird ihn sehen – das Kino wird leerbleiben. Niemand wird applaudieren. Niemand wird verstehen. |
Aber so ist nun mal der Film. |
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